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Jörgen Beckmann
Vorwort
(Hier im
Internet ist nur das Vorwort zur Transcription wiedergegeben.
Das ganze 49 Seiten zählende Quellen-Heft kann beim Bürger-
und Heimatverein Heven e.V. für den Selbstkostenpreis von 3
Euro plus Porto erworben werden)
Für
die Transkription des schwierig zu lesenden Originaltextes
danken wir Herrn Otto R. Enneper sehr. Diese Aufzeichnungen des
Herbeder Pastors Messing aus dem Jahre 16931 stellen neben der
genealogischen auch eine interessante sozialgeschichtliche
Quelle dar. Denn setzt man voraus, daß die Familien, die dem
Pastor zur Geburt und zum Tod eines Familienmitgliedes auf den
Tag genaue Angaben machen konnten, schriftliche Aufzeichnungen
besaßen, so läßt sich folgern, daß das Familienoberhaupt
dieser Familie lesen und schreiben konnte. Exakte Angaben finden
wir nur bei 12 der 158 Familien. Zu diesem Personenkreis gehören
der Pastor, die Juristen-, Bergvogt- und Bauernfamilie König,
die drei Schulten Dönhoff, Saldenberg und Hardenstein sowie die
drei Herbeder Bauern König im Wiskamp, Rautert und Magnei.
Auffallend sind die vier Kötter, und zwar Möller zu Heven,
Stemberg zu Herbede, Dumberg und Eggemann, die trotz ihrer
niederrangigen sozialen Stellung auch nach der obigen
Voraussetzung das Lesen und Schreiben beherrschen mußten. Hier
kann nur vermutet werden, daß sie als Händler oder Schreiber tätig
waren. Einen Arzt und einen Apotheker finden wir im damaligen
Kirchspiel Herbede noch nicht.
Als "arm"
bezeichnet Pastor Messung nur die Familie Schedeweg. Doch als Maß
für den jeweiligen Wohlstand der entsprechenden Familie zeugt
auch die Höhe der Kindersterblichkeit, wenn man dabei mögliche
zugrundeliegende genetische Faktoren außer Acht läßt. Eine überdurchschnittlich
hohe Kindersterblichkeit finden wir bei den Familien Blumenau, Dörlman,
Plarsiep und Hegenberg (unter Einbeziehung des Kirchenbuches bis
1704).
Gleichfalls ermöglicht
uns die Niederschrift des Pastors Messing die auf Seite 6
abgebildete Aufstellung einer Statistik der Geburten und Sterbefälle.
Das Diagramm läßt bei der Betrachtung des gesamten
Zeitabschnitts einen Geburtenüberschuß, also einen beginnenden
Bevölkerungsanstieg erkennen. Der negative Geburtenüberschuß
zwischen 1676 - 1678 könnte eine Folge des Nahrungsmangels
sein, denn man bedenke, daß französische Truppen dieses Gebiet
zwischen 1672 - 1675 besetzt hielten und ausplünderten.
Weiterhin gibt uns
die Auflistung einen Einblick in die damalige Gesellschafts-,
Ehe- und Familienmoral. Sie nennt innerhalb von 23 Jahren von
158 Familien 293 Eheschließungen, keine Scheidungen, 433
Sterbefälle und 610 Geburten. Von den 610 geborenen Kinder
wurden nur 14 unehelich geboren (Nr.6, 9, 42, 44, 54, 56, 68,
82, 97, 107, 130, 131, 131 u.139). Vergleichsweise liegt heute
der Anteil der unehelich geborenen Kinder mit über 10 % vier
bis fünfmal höher als zu jener Zeit.
Vaterschaftsprozesse
gab es auch schon damals; bezeugt wird dieses durch eine
Anmerkung bei der Familie Großwesterman. Weiterhin berichten
die Aufzeichnungen von einem Vatermord und einer Enthauptung
(Nr.135) sowie von zwei Unfällen mit tödlichem Ausgang (Nr.130
u.135).
Zur Person des Herbeder Pastors Johan Diederich (Theodorus)
Messing ist uns folgendes überliefert.2 Er wurde 1641 als Sohn
der Pastorenfamilie Adam Messing und Katharina N. zu Voerde
(heute Ennepetal) geboren. Ob der Vater Adam Messing der Hevener
Bauernfamilie Messing entstammt, ist nicht bekannt, aber zu
vermuten. Johan Diederich Messing studierte an der Universität
Straßburg (Immatrikulation am 10.Oktober 1665). Seine
Ordination zum Pfarrer erfolgte am 15.Juli 1669 in Dortmund. Ab
da war er bis zu seinem Lebensende am 14.April 1703 Pastor der
evangelischen Kirchengemeinde Herbede, die auch Heven einschloß,
und begann 1693 mit der Führung des Kirchenbuches. Am
8.Dezember 1672 heiratete er die aus Dortmund stammende Maria
Schmeman. Nachdem diese am 4.September 1687 verstarb, ehelichte
er am 1.August 1688 Elsa Brochman (Brockman). Letztere dürfte
eine Hevener Bauerntochter gewesen sein. Seine beiden Ehen
blieben kinderlos.
...ICQUID
DN JOHANNIS
...YDORI MESSINGII ECCLE
... HUIUS AB ANNO MDCLXIX
... AD DIEM XIV MENSIS
...S ANNI MDCCIII PASTORIS
...LE FUIT HOC SAXOTEC...
... IT EIUS PER ANNOS
... QUINDECIM FIDELISSIM
....................................................
Grabplatte
des Pastors Messing in der Herbeder Kirche, Bruchstück,
Ruhrsandstein
(Aufnahme 1966)
Zur Geschichte der
Grabplatte des Pastors Messing schickte mir Jürgen Därmann
freundlicher Weise folgenden Hinweis aus dem Archiv des Heimat-
und Verkehrsverein Herbede:
Bis 1966 waren in und z. T. im Außenbereich der Herbeder
Pfarrkirche elf Grabplatten eines sozial höherrangigen
Personenkreises erhalten, der ursprünglich im Kirchenschiff
seine Grablege hatte. Dazu zählten die Gerichts- und
Patronatsherren von Elverfeldt mit ihren Ehefrauen, die Herbeder
Pfarrer, ein Karl von Holte, Heinrich von Brempt und auch der
Hardensteiner Rentmeister Cord Stölting. Der älteste Stein läßt
sich dem Jasper von Elverfeldt (urk. 1496?1530), herzoglicher
Rat und Droste zu Wetter und Hörde zuordnen. Neun Gedenksteine
lagen vor dem damaligen Altar, ein weiterer Stein wurde 1966 in
einer Schicht von altem Bauschutt unter dem Altar entdeckt, die
letzte Platte befand sich zweckentfremdet im Außenpflaster vor
dem Seiteneingang. Der Stein des Messing lag in der Kirche nahe
der westlichen Außenwand. Die Steine wurden im Zuge der im Frühjahr
1965 begonnenen Umbauarbeiten in der Kirche auf Initiative des
damaligen Vorsitzenden des Heimatvereins, Bruno Heide, grob
skizziert, fotografiert und geborgen. Die Grabplatte des
Messing, die damals nur noch teilweise erhalten war, ist seitdem
verschollen. Auch der Verbleib der restlichen Platten, die
unterschiedlich gut erhalten waren, ist weitgehend ungeklärt.
An dem Beispiel der
Herbeder Grabplatten und -steine sehen wir, daß auch heute noch
historische Zeugnisse der Vergangenheit zerstört werden bzw.
unwiederbringlich verloren gehen. Mit unseren Heften
"Quellen zur Hevener und Herbeder Geschichte"
beabsichtigen wir, wichtige hiesige historische Quellen
jedermann zugänglich zu machen und somit zu erhalten. Jörgen
Beckmann
Otto R. Enneper
Einleitung
Das älteste Verzeichnis der Geburten, Taufen, Trauungen und
Sterbefälle im Kirchspiel Herbede aus den Jahren 1669 - 1692
Mit den Herbeder
Kirchenbüchern haben sich schon verschiedene Forscher befaßt.
Doch veröffentlicht wurden immer nur zusammengestellte Stammbäume
einzelner hiesiger Familien. Als erster hat wohl der verstorbene
und zuletzt in Oldenburg lebende Dr. Walter Schaub 1935 ganze
Bereiche dieser Kirchenbücher abgeschrieben und verkartet, aber
nicht veröffentlicht.
Das Kirchspiel Herbede umfaßte die Bauerschaften Ost- und
Westherbede, Vormholz, Berghausen, Durchholz, Heven, Wannen und
Kleinherbede. Die evangelische Kirchengemeinde Heven wurde am
1.April 1899 aus der Herbeder Kirchengemeinde aus-gegliedert.
Verwaltungsmäßig wurde Heven 1921 von Amt Herbede aus- und
gleichzeitig nach Witten eingemeindet. Herbede ist seit 1975 ein
Stadtteil von Witten.
Im ROLAND zu DORTMUND, Heft 10 / 1994 wurde Herbede in einem
Beitrag: "Fremder Grundbesitz zwischen Dortmund und
Hattingen" erwähnt. Im erwähnten Aufsatz ist auf die frühere
Abhängigkeit des Oberhofes Herbede vom Stift Kaufungen Kreis
Kassel hingewiesen worden. Auch wurden die Reibungen zwischen
dem Lehnsinhaber v. Elverfeldt und dem in Hessen gelegenen Stift
nicht verschwiegen.
Wie anderwärts sind Schwierigkeiten zwischen Patron, Pastor und
Gemeinde wohl auch in Herbede aufgetreten. Ein Zeichen dafür könnte
es sein, daß der Freiherr v. Elverfeldt am 2. Januar 1693 als
Gerichtsherr und Patron der Herbeder Kirche den Pfarrer Messing
angewiesen hat, (endlich?) das erste Kirchenbuch des Kirchspiels
Herbede anzulegen. Fragen wir nicht: ,,Weshalb so spät? Wo
wurden denn früher die Amtshandlungen erfaßt?" Offenbar
gab es vorher wirklich kein vorgeschriebenes Kirchenbuch.
Demnach waren nicht Kriege und Brände Ursache der späten
Anlegung.
Reichlich wirklichkeitsfremd sollte der Pfarrer das Verzeichnis
binnen 2 Monaten anlegen. Er hatte ,,alle Geburten, Sterbefälle
und Trauungen seiner bisherigen Amtszeit aufzuführen. Natürlich
bekam der vielleicht vordem bequeme Pastor damit einen
schwierigen Auftrag zudiktiert. Wohl deshalb hat er sich die
Sache einfach gemacht. Trotzdem bedeutet die am 07. Juni 1693
vorgelegte Aufstellung eine Fundgrube.
Nun will ich verraten, wie der Geistliche vorgegangen ist. Er
besaß zum Einstieg vermutlich kaum noch Schriftliches. Darum
verblieb er einfach bei seiner Gewohnheit, die früher den
Seelenhirten geläufiger war: er machte verstärkt Hausbesuche.
Nach älterer Vermutung hat Pastor Messing mit dem Besuchsdienst
in der Bauerschaft Heven begonnen. Erst mit Nr. 29 (Bünger)
setzt er in Herbede ein. Nr. 133 (Niederste Muttmann) betrifft
dagegen Durchholz, wenn nicht schon Nr. 132 (Schafställer)
dazuzurechnen ist. Wenn man von der Rolle der Familie König
(Nr. 158) absieht, gehören alle Familien und Häuser (Nr. 133
bis Nr. 157) zu Durchholz. Pastor Messing hat also seine
Befragung in Heven begonnen und in Durchholz beendet. Ein
solches nicht leichtes, zeitraubendes ,,Erfragen"
erforderte wohl viel Geduld, Geschick und aufmerksames Hinhören
bei allem lückenlosen Besuch der Familien eines gesamten
Kirchspiels von einem zum andern Ende entspricht allen bekannten
Gepflogenheiten und ist verkehrsmäßig verständlich. Zwischen
den einzelnen Bauern- und Kötterfamilien nach Nr. 29 werden
auch die Familien aufgeführt, die nicht im Markenbuch stehen
und zum Teil als (besitzlose) Einwohner bezeichnet werden.
Dagegen könnten die erst nach 1700 im Markenbuch genannten
Markenkötter 1693 noch nicht erfaßt sein, z.B. Sonnenschein,
Wabeck, Bünger in der Steinkuhle und andere. Im ganzen ermöglicht
das entstandene ,,Verzeichnis" die Erforschung der Herbeder
Familien um mindestens zwei Generationen weiter, als dies mit
dem reichlich spät, und zwar 1693 beginnenden ,,amtlichen"
Kirchenbuch möglich ist.
Der abgedruckte Teil entstammt dem ersten Herbeder Kirchenbuch.
Dieser Teil umfaßt dort 38 Seiten und ist fast absatzlos
hintereinander, wie die folgenden Ausschnitte zeigen,
aufgezeichnet. Um die Zusammenhänge zu verdeutlichen, steckte
ich den Text personenbezogen und ergänzte an einigen Stellen
die Zeichensetzung. Zum leichteren Auffinden der Familien, habe
ich diese nummeriert und am Ende des Heftes in alphabetischer
Reihenfolge in Form eines Familienregisters aufgelistet.

In der Zeit zwischen 1669 - 1692 ist insgesamt ein leichter Bevölkerungsanstieg
zu beobachten.

Das Kirchspiel Herbede
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