Bürger- und Heimatverein Heven e.V.
                                    gegründet 07.02.1897
 
 
   

 

 

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 Heft
  - Inhaltsangabe

Inventarium
Des seligen Frei- und Gerichtsherrn Friedrich von Elverfeld
 nachgelassener Güter aus dem Jahre 1773

 

Quellen zur Hevener und Herbeder Geschichte

 

 
 

Inventarium  Des seligen Frei- und Gerichtsherrn Friedrich von Elverfeld nachgelassener Güter aus dem Jahre 1773

 
 

Jörgen Beckmann

Vorwort

Um den Text des Inventariums hiesigen Heimat- und Familienforschern zugänglich zu machen, habe ich die handgeschriebenen in alter deutscher Schrift verfaßten Originale bzw. Abschriften, die sich mit der Auflistung des Besitzes des Hauses Herbede und des Hauses Berghofen sowie des Hauses Villigst befassen, soweit sie das Gericht Herbede betreffen, transcribiert. Die im Anhang des Originals genannten Verpachtungsbriefe stellte ich bei der Transcription in nach rechts eingerückter Schrift direkt zu den entsprechenden Punkten des Inventariums, um den Zusammenhang besser zu verdeutlichen. Daten aus dem Kataster von 1705 schrieb ich kursiv.
Das 1773 aufgestellte Inventarium der nachgelassenen Güter des am 17. August 1771 verstorbenen Freiherrn Adolf Ferdinand Friedrich von Elverfeldt, befindet sich im Aktenbestand des Hauses Villigst, der als Depositum des Freiherrn von Gemmingen im Stadtarchiv Dortmund lagert.

 
Friedrich von Elverfeldt (*1717 in Herbede) war seit 1740 Frei- und Gerichtsherr zu Herbede. 1743 heiratete er Henriette Louise Katharina von der Mark zu Villigst. Nach der Heirat wechselte er seinen Wohnsitz von Herbede nach Villigst. Das Inventarium informiert uns bezogen auf das Gericht Herbede über den damaligen hiesigen Besitz des Schultheißen und Gerichtsherrn von Elverfeld. Die im Inventarium angeführten Erben von Edelkirchen und von Belling sind Nachkommen der Schwestern seines Vaters. Die ebenfalls genannten Erben von Essellen, die Notare, Schultheiß des Bochumer Schultenhofes und auch zeitweilig Bochumer Bürgermeister waren, haben keinen direkten verwandtschaftlichen Bezug zur Familie von Elverfeld. Sie hatten den hiesigen Besitz ersteigert.

Das Inventarium schildert, daß die Gebäude des Hauses Herbede 1773 im schlechten Zustand waren und zur Renovierung Reparaturkosten von 1383 rthlr (Reichsthaler) nötig wären.
Über die Rauchhuhnabgabe, die eine Abgabe zu Gunsten des Gerichtsherrn darstellte und nach Herden, Haushaltungen, Rauchfängen bzw. Häusern erhoben wurde, erfahren wir, welche Familien zu jener Zeit im Kirchspiel bzw. Gericht Herbede ansässig waren. Die Flözhühner weisen auf eine Schürferlaubnis hin.
Wir erfahren weiter, wer im Gericht Herbede Bier brauen und Schnaps brennen durfte. Gleichfalls nennt das Inventarium die Bauern und Köttern, die für den Gerichtsherrn Dienste auf dem Acker, den Wiesen, im Stall, im Wald und für die Zwangsmühle zu leisten hatten. Desweiteren werden die Pächter und die Pachtkosten der zum Haus Herbede gehörenden Weiden und Ackerflächen sowie der Jagd und Fischerei genannt.
Im zweiten Teil weist das Inventarium darauf hin, daß der Freiherr von Elverfeld für den Wiedererwerb des Blumenau-Hofes 8698 rthlr aufwenden mußte und daß ihm der Hof eine jährliche Pacht von 380 rthlr einbrachte. Weiter erfahren wir die Höhe des vorhandenen Bargelds und der Ausstände sowie der Schulden. Ebenfalls werden die Kleidungsstücke, das Reitgeschirr und die Jagdwaffen angesprochen.
Das Inventarium ermöglicht uns auch, einen Einblick auf das Jahreseinkommen des Freiherrn von Elverfeld bezogen auf das des Gerichtes und das Hauses Herbede zu nehmen, wobei wir jedoch die Steuerlisten von 1705 und 1732 mit heranziehen müssen. Erstere Steuerliste nennt für Heven, Laer, Langendreer, Querenburg, Werne und Wullen die Größe der Höfe und für Heven die Pachtsummen, während die Liste von 1732 die Hofgrößen der Ansässigen im Gericht Herbede, Stiepel und Langendreer aufführt. Somit sind alle Größen der 39 Höfe des Herbeder Hofesverbandes mit zusammen etwa 630 Malterscheid erfaßt. Gleichzeitig erfahren wir, daß die 7 Hevener Bauern des Hofesverbandes eine Fläche von 141 Malterscheid bewirtschafteten und zu jener Zeit 686 rthlr Pacht aufzubringen hatten. Hieraus läßt sich ein durchschnittlicher Pachtpreis von etwa 4 rthlr 52 stbr (Stüber) pro Malterscheid folgern. Somit errechnet sich für den gesamten Hofesverband eine Pachteinahme von ca. 3065 rthlr bezogen auf das Jahr 1705. Hinzu kommen noch die Gewinne für Dienste und aus Verpachtungen von etwa 1914 rthlr, die wir aus den Werten des Inventariums ermitteln können. Da die Hofesabgaben zwischen 1705, 1739 und 1773 keine Differenzen zeigen, können wir bei der Berechnung eine Inflationsrate vernachlässigen.
Der Gerichtsherr zu Herbede erzielte allein aus dem Gericht Herbede ein jährliches Einkommen von etwa 5000 Reichsthalern, von denen er nur 400 rthlr an den Grundherren, und zwar dem König von Preußen zu entrichten hatte. Zu den dem Freiherrn von Elverfeld verbliebenen Einkünften von 4600 rthlr kamen noch folgende hinzu:
 

1.

Gewinngelder von den Hofesleuten beim Generationswechsel

2.

das beste Pferd von Schmidt, Körmann, Stemberg beim Generationswechsel

3.

Gebühr für Hochzeiten, Kindtaufen usw.

4.

Gerichtsgebühren (Brüchte)


Hiesige Bauern wie Elling, Messing bzw. Josten, deren Hofgrößen zu jener Zeit etwa 20 Malter betrugen und die jährlich davon bei einem Aussaat-Ernteverhältnis von 1 zu 10 6.7 einen Ertrag 200 Malter Getreide erzielten, von denen sie ungefähr die Hälfte an Pacht und Steuern abgeben mußten, erwirtschafteten für sich und ihre Familien ein Jahreseinkommen von 100 Malter Getreide, die etwa einem Wert von 300 Reichtsthaler entsprachen.

Anzumerken ist hierbei noch, daß der Gerichtherr bzw. Schultheiß zu Herbede immer einen festen Pachtanteil bzw. nach der Abgabenliste von 1739 eine feste kapitalisierte Pachtsumme verlangte, wie die Liste im Anhang zeigt. Somit wird deutlich, daß weitgehend nur die Bauern sowohl bei Branntschatzungen und Ausraubungen ihrer Höfe in Kriegen als auch bei Mißernten durch Hagelschlag, Dürre, Pflanzenkrankheiten und Tierseuchen die ganze Last und das Risiko trugen, d.h. in schlechten Zeiten litten die Bauern stets am meisten. Weiterhin benötigte der Gerichtherr bzw. Schultheiß kaum eigene Geräte und Zugvieh für die Bewirtschaftung seiner Flächen, denn dieses wie Pferde, Wagen, Pflug, Axt, Gabel und Sense hatten die Bauern und Kötter bei ihren zu leistenden Diensten stets zu stellen und mitzubringen.
 

Jörgen Beckmann    

 

 
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