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Jörgen Beckmann
Vorwort
(Hier im
Internet ist nur das Vorwort zur Transcription wiedergegeben.
Das ganze 49 Seiten zählende Quellen-Heft kann beim Bürger-
und Heimatverein Heven e.V. für den Selbstkostenpreis von 3
Euro plus Porto erworben werden)
Robert
Große-Stoltenberg hatte 1950 die Namen der Spender schon einmal
veröffentlicht, und zwar unter dem Titel: Herbeder
Familiennamen um 1611, Beiträge zur westfälischen
Familienforschung. Da er die Liste aus genealogischer Sicht
betrachtete, zitierte er nur die Namen der Spender in
alphabetischer Reihenfolge. Die Art und Höhe der Geld- und
Sachspenden sowie die Reihenfolge der Originalauflistung und die
genaue Literaturangabe nannte er nicht.
Die Liste der Namen der Spender für die Herbeder Kirchenorgel
ist niedergeschrieben in dem 1602 begonnenen Rechenbuch und
liegt im Landeskirchenarchiv Bielefeld als Depositum der
evangelischen Kirchengemeinde Herbede. Da die Liste ein weiteres
Nachschlagewerk zur hiesigen Familien- und Ortsforschung
darstellt, möchte ich sie hier nur dahingehend vom Original
abgeändert anführen, indem ich die Spenden der Übersicht
wegen in Spaltenform darstelle.
Die Liste nennt zum einen nahezu alle erwachsenen Personen des
Herbeder Kirchspiels, zu dem auch Heven gehörte, und zum
anderen gibt sie einen Einblick über die wirtschaftliche Lage
der hiesigen Familien zu jener Zeit, wobei man annehmen darf,
daß Wohlhabende mehr spendeten als Arme.
Hierbei möchte ich anmerken, daß Heven bis zu seiner
Eingemeindung nach Witten im Jahre 1921 verwaltungsmäßig bis
dahin stets zu Herbede gehörte. Ähnliches galt auch für die
evangelische Kirchengemeinde Heven, die aufgrund der enormen
Bevölkerungszunahme gegen Ende des 19. Jahrhunderts 1899 aus
der Herbeder Pfarrei ausgegliedert und selbständig wurde3.
Zu den Orgeln möchte ich anführen, daß ihre Erfindung im 3.
Jahrhundert vor Christi in Ägypten gemacht wurde. Gesandte des
byzantinischen Kaisers Konstantin V brachten 757 eine Orgel als
Geschenk an den Hof Pippins III. Im Jahre 811 bekam Karl der
Große eine byzantinische Orgel geschenkt. Unter den Karolingern
fand die Orgel Eingang in die Kirche. Sie diente der
künstlerischen Ausgestaltung der Gottesdienste. Neue
Erfindungen während des späten Mittelalters und der Neuzeit
trugen zur Weiterentwicklung der Orgel bei und verbesserten
ihren Klang und ihre Bedienung. Zu-nächst konnten sich nur
große Kirchen eine Orgel leisten. Doch wie wir sehen, war es
auch zu Beginn des 17. Jahrhunderts der Kirchengemeinde Herbede,
die die Hevener mit einschloß, finanziell möglich, eine Orgel
für ihre Kirche bauen zu lassen. Da das Barvermögen der
Kirchengemeinde dazu nicht ausreichte, wurde 1611 die Sammlung
durchgeführt, wobei die Spender und deren Spende im Renthen-
und Rechenbuch der evangelischen Kirchengemeinde schriftlich
festgehalten wurden.
Anhand der Reihenfolge der Auflistung der Namen, die hier durch
die vorgesetzte Seitenzahl und die mitangeführte laufende
Nummer verdeutlicht wird, läßt sich folgern, daß die Spenden
nicht durch Sammlungen auf den Höfen und Kotten mittels eines
Boten, sondern durch Sammlungen vor oder nach dem Gottesdienst
oder einer anderen kirchlichen Veranstaltung erfolgten.
Das Kirchspiel Herbede
Bei der Registrierung
der Spender wird deutlich, daß diese mehr oder weniger in
Gruppen erfolgte, in denen die Kirchenbesucher eintrafen bzw.
zusammensaßen. So finden wir die Hevener erst in Position 55,
104, 156 und 160, dann fortlaufend ab 194 - 196 und 198 - 211
und 213 - 216, weiter von 229 - 247 und von 287 - 292 sowie von
296 - 298, dann vereinzelt in 300, 310, 314, 316, 317 und 319.
Die Spender aus Querenburg werden in den Positionen 212, 217 -
228, 248, 311 und 315 angeführt. Der unter der Position 197
genannte Gerdt Pothoff dürfte aus Langendreer (vom Crengeldanz)
stammen.
Die Spenden gliedern sich auf in Geld- und Sachspenden. Die
Frauen und Töchter der Bauern sowie der Kötter gaben
größtenteils Sachspenden in Form von Klanken (Bündel) Flachs.
Dagegen spendeten deren Männer und Väter Geld oder Getreide.
Bargeld war auf den Höfen jener Zeit wenig vorhanden. Die
Bauern waren größtenteils Selbstversorger und was sonst noch
benötigt wurde, wurde meist durch Tausch bezogen. Um an Bargeld
zu gelangen, mußte man seine Waren damals auf dem Markt
darbieten. Die Spenderliste zeigt, daß zu jener Zeit die
größeren Spenden nur von Männern kamen, d.h., daß die
Männer wohl über größere Ausgaben letztlich die
Entscheidungen trafen. Diese Folgerung läßt aber nicht den
Rückschluß zu, daß die Männer für ihre eventuell
weitreichenden Handlungen kein Einverständnis ihrer Ehefrauen
benötigten. Bei den Geldspenden wird deutlich, daß damals
mehrere Währungen parallel im Umlauf waren. Insgesamt beliefen
sich die Spenden auf die unten in der Tabelle angeführten
Zahlen.
Art der Spende |
Symbol bzw. Maß |
gespendete Anzahl |
|
|
|
|
Geldspenden |
Reichsthaler |
(R) |
57 |
|
Thaler (Königsthaler) |
(T) |
86 |
|
holl.Thaler |
(H) |
6 |
|
Gulden |
(G) |
3 bzw. 4* |
|
Floren |
(F) |
1 |
|
Kopfstücke |
|
17 |
|
Albus |
|
1578,5 |
|
Heller |
|
19 |
|
|
|
|
Sachspenden |
Flachs |
Klanken (Bündel) |
309 |
|
Gerste |
Scheffel |
4 |
|
Roggen |
Scheffel |
13 |
|
Holz und Bretter |
|
für den Orgelbau (Menge
ist nicht genannt) |
|
Verpflegung |
des Orgelbauers und seines
Knechtes |
für eine gewisse Zeit |
Die evangelische Kirche zu Herbede
(Aufnahme: April 1998, Jörgen Beckmann)
Nur noch der
Kirchturm erinnert an die alte ihm einst angegliederte
Holzkirche, die Ostern 1803 wegen Baufälligkeit einstürzte.
Das heutige Kirchenschiff, das in den Jahren 1811-1812 erbaut
wurde, steht an der gleichen Stelle der alten Holzkirche.
Die nun genannten
Personen spendeten mehr als einen Reichsthaler. Daraus können
wir folgern, daß zu jener Zeit der Adel und die Amtsträger zu
den wohlhabendsten Personen zählten. Dann folgten die Bauern
und nach ihnen die Kötter sowie die Diener, Knechte und Mägde.
von Elverfeldt |
Henrich |
Gerichtssherr zu Herbede, Schultheiß und
Kirchenpatron |
von Elverfeldt |
Johan |
Schirrmeister (militär.Grad) |
von Vitinckhoffe genant Schell |
Bertha |
Mutter der oben genannten von Elverfeldt |
Mercker |
Conrad |
Bürgermeister von Hattingen und Richter
zu Herbede |
Mercker |
Herman |
Pastor zu Herbede |
Neuhaus |
Mauritz |
vermutlich Schreiber |
Darniden bzw.Zurnedden zu Wannen (Heven) |
Herman |
Bauer |
Ellinckman bzw. Elling zu Heven |
Rotger |
Bauer |
Josten zu Kleinherbede (Heven) |
Joist |
Bauer |
Niederste Berghaus zu Herbede |
Rotger |
Bauer |
Oberste Berghaus zu Herbede |
Goeken |
Bauer |
Rautert zu Herbede |
Johan |
Bauer |
Schulte Saldenberg zu Herbede |
Dirich |
Bauer |
Schulte Dönhoff zu Heven |
Johan |
Bauer |
Seveken zu Wannen (Heven) |
Johan |
Bauer |
Stemberg zu Herbede |
Cordt |
Bauer |
Vorderste Rüsberg zu Herbede |
Johan |
Bauer |
Ob die Sachspenden
für die Kirche selbst verwandt wurden oder ob sie direkt an den
Hattinger Orgelbauer Meister Peter Alberdts weitergeleitet bzw.
vorher kapitalisiert wurden, geht aus der Liste nicht hervor.
Setzt man die unten genannten Umrechnungen zugrunde, so betrug
die Höhe der Geldspenden zum damaligen Orgelbau etwa 21000
Albus bzw. 175 Reichsthaler. Mit den Sachspenden dürften es
auch 200 bis 240 Reichsthaler gewesen sein. Robert
Große-Stoltenberg errechnete neben den Sachspenden 220
Reichsthaler. Hierbei ist anzumerken, daß der Realwert eines
Reichsthalers über lange Zeit relativ stabil blieb, während
der Wert der kleineren Münzen stän-dig abfiel.
Wenn man die 3 Amtspersonen aus der Familie Mercker, die aus
Hattingen stammten, nicht mit berücksichtigt, dann wohnten 226
Spender in Herbede, 60 in Heven, 17 in Querenburg, 2 in Witten,
Sprockhövel und Schwelm und je einer in Essen, Hattingen,
Bochum, Hamme, Laer, Langendreer und Stiepel. Betrachtet man die
Spender familienmäßig, so spendeten 103 Herbeder, 25 Hevener
und
7 Querenburger Familien neben den vorgenannten Einzelpersonen
aus Nachbarorten. Da 7 Spender zweimal spendeten, ist die Zahl
der eigentlichen Spender nicht 319, sondern nur 312.
Die folgenden altansässigen Familien aus Heven und Herbede
nennt die Orgelspenderliste nicht. Da unter den Fehlenden auch
Bauern sind, dürfte Armut als Grund des Fehlens wohl
ausscheiden. Es ist durchaus möglich, daß einige dieser
Familien zu jener Zeit noch der römisch katholischen Kirche,
also einer anderen Kirchengemeinde angehörten oder bedingt
durch Einheirat unter einem anderen Namen angeführt sind.
Weitere Gründe könnten familiärer Art sein, wie Krankheit,
Pflegefall, Niederkunft usw..
Nicht
genannte Familien aus Heven |
Wesberg
Fischenberg |
Spliethoff
Weustenhoff |
Nicht
genannte Familien aus Durchholz, Vormholz sowie Ost- und
West-Herbede |
Bergmann
Brandenholtz
Am Dicke
Eggemann
Klinckmann
Padberg
Sonnenschein
Scheidewald |
Am Wege
(Scheideweg)
Steinkuhl / Rosendahl
Dördelmann
Kampmann
Magney
Schmeinck
Feinberg
Wabeck |
Mit den in der
Spenderliste genannten Familien Beckmann zu Heven und Foersten
zu Heven dürften in der Auflistung die Querenburger Bauern
Beckmann und Foerste gemeint sein. Auffällig ist ebenfalls,
daß alle Querenburger Bauern, deren Ländereien bis ins Hevener
Gebiet reichten, Geld für die Herbeder Kirchenorgel spendeten,
obgleich sie dem Ümminger Kirchspiel angehörten.
Für die Bauernfamilie Jost zu Kleinherbede wird der hier
genannte Vorname "Jost" in den folgenden Generationen
zum Nach- und Hofnamen. Neben den Familien Jost zu Kleinherbede,
Schulte zu Kleinherbede und Rehlinghaus zu Kleinherbede nennt
die Spendenliste in den Positionen 214 - 216 noch einen Henrich
sowie einen verstorbenen Wilhelm zu Kleinherbede und dessen
Töchter Enneken und Grete. Bezogen auf die Spendenhöhe der
letztgenannten müßte man folgern, daß zu jener Zeit noch eine
vierte Bauern- bzw. Kötterfamilie in Kleinherbede ansässig
war. Doch weder die Türkensteuerlisten von 1542 und 1598 noch
das Feuerstättenregister von 1664 und die alten Ümminger
Grabsteine sowie die Prozeßakten vom Reichskammergericht nennen
eine weitere Familie in Kleinherbede. Somit müssen wir sowohl
Henrich als auch die Töchter des verstorbenen Wilhelm zu einer
der drei vorgenannten Kleinherbeder Bauernfamilien zuordnen. Da
die drei direkt auf Johan Rehlinghaus folgen, dürften sie wohl
seiner Familie angehören.
Die hohen Kirchenämter bekleideten 1611 neben dem Pastor Herman
Mercker der Freiherr Henrich von Elverveldt als Kirchenpatron
und die seit 1609 gewählten drei Kirchmeister, und zwar die
Bauern Johann Lennemann zu Rüßberg aus Herbede, Johann
Mittelste Berghaus aus Herbede und Jürgen Mering aus Heven.
Die Familie Mercker war zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine
wohlhabende und angesehene Hattinger Familie. Conrad Mercker war
Bürgermeister von Hattingen und Richter in Herbede und Witten.
Er hatte Anna Wischmann geheiratet und mit ihr die drei Söhne
Bertram, Herman und Johannes gezeugt.
Herman Mercker wurde am 23. Januar 1583 in Hattingen geboren.
Von 1605 bis 1613 war er Pastor in Herbede und anschließend bis
zu seinem Tod am 19. Januar 1630 Pastor in seinem Heimatort
Hattingen. Am 6. September 1606 heiratete er Hilla Khuweidt, die
ihm vier Söhne gebar.
|
Münzen zur damaligen Zeit |
1607 |
in
der Grafschaft Mark 9 Königsthaler = 10 Reichsthaler |
1608 |
1
Königthaler = 45 Schillinge in Dortmund |
1608 |
1
Reichsthaler = 42 Schillinge in Dortmund |
|
1
Reichsthaler = 60 Stüber |
1560 |
1
Kölner Goldgulden (Goldmünze) = 52 Albus |
1588 |
1
Kölner Goldgulden = 72 Albus |
1602 |
1
Goldgulden = 42 Schillinge in Dortmund |
1608 |
1
Goldgulden = 52 Schillinge in Dortmund |
|
1
Gulden (Silbermünze) = 10 bis 12 Stüber |
|
1
Kopfstück = 10 bis 12 Stüber |
|
1
Schilling bzw. Solidus = 1 Stüber |
1612 |
1
Stüber = 2 Albus |
|
1
Albus = 12 Heller = 2,5 Pfennige |
|
|
|
|
|
Maße zur damaligen Zeit |
|
1
Klanke = 1/8 Pfund = 58,46g (Flachsgewicht) |
|
1
Scheffel = 46,717 Liter (Herbeder und Hevener Maß) |
|