Bürger- und Heimatverein Heven e.V.
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 Heft 26 / Dezember 2011
  - Inhaltsangabe

Walter Vietor

Kleinzechen in Bochum-Querenburg –

eine Zeiterscheinung nach dem Zweiten Weltkrieg

 

 
 

Walter Vietor

Kleinzechen in Bochum-Querenburg – eine Zeiterscheinung nach dem Zweiten Weltkrieg

In den Jahren der Kohlennot nach dem Zweiten Weltkrieg schossen die Kleinzechen wie Pilze aus dem Boden, so auch in Querenburg. Die Anlagen entstanden beinahe über Nacht auf den Feldern und verschwanden ebenso schnell, wie sie gekommen waren. Nach knapp 15 Jahren war die hektische Zeit der Kleinzechen vorüber.

Beim Betrieb der Kleinzechen gab es drei Beteiligte: die Landwirte, die Unternehmer und die Belegschaften.

Die Landwirte lockte das rasche Geld. Sie stellten auf ihren Feldern das Gelände für die Übertageanlagen und die Zufahrt zur Verfügung, vereinbarten vertraglich die Höhe der monatlichen Pacht (200 – 500 DM), die Lieferung der Hausbrandkohle und die Höhe der Abgabe je geförderter Tonne Steinkohle (1 – 2 Mark), sofern sie auf Ansprüche bei Bergschäden verzichteten. Das „dicke Ende” trat in der Regel dann ein, wenn die Kleinzechen zahlungsunfähig ihren Betrieb einstellten und auf dem Acker der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt werden sollte. Den Schaden trugen die gutgläubigen Landwirte, die sich auf das risikoreiche Geschäft eingelassen hatten. Eine Bäuerin von der Stiepeler Straße brachte ihren Unmut wie folgt auf den Punkt: „Die Viehhändler von früher waren schon schlecht, aber die Kleinzechenbesitzer von heute sind noch viel schlechter”.

Die Betreiber der Kleinzechen, die die Gunst der Stunde nutzten, waren Leute mit kaufmännischem Unternehmungsgeist, aber leider auch Spekulanten, die es verstanden hatten, rechtzeitig für sich Schürfrechte zu sichern. Unter den Inhabern befanden sich Firmen aus allen Teilen Deutschlands, die die Versorgung ihrer Betriebe mit Steinkohle sichern wollten.

Die Belegschaften setzten sich zusammen aus erfahrenen Hauern, Bergleuten im Ruhestand, die ihre Rente mit guten Schichtlöhnen aufbessern wollten, und noch unerfahrenen jüngeren Bergleuten. Die Fluktuation war unverhältnismäßig hoch. Die Bergleute der modern fördernden Tiefbauzechen sahen auf ihre Kollegen in den primitiv arbeitenden Kleinzechen lässig herab, nahmen sie also nicht für voll. Wer als Bergmann einer Kleinzeche auf einer großen Schachtanlage um Einstellung nachsuchte, bekam große Schwierigkeiten.

Leider ereigneten sich in den Kleinzechen viele Arbeitsunfälle, vor allem auf „Lieselotte” und Blennethal „Neuffer”, meist bedingt durch eine unzureichende Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und die Tücken des Gebirges. Die monatlich unangemeldeten Besuche der Anlagen durch einen Sicherheitsbeamten des Bergamtes, die in einer Befahrung und Prüfung des Betriebes bestanden, konnten das hohe Unfallrisiko nicht mindern.

Die Bergbautechnik war denkbar einfach: Wo man ein abbauwürdiges Flöz vermutete, wurde wie in alter Zeit mit dem Spaten ein Loch gegraben, eine Art Pinge. Wurde man fündig, stellten die Bergleute 3 Hölzer zu einem Dreieck auf. Danach wurde der Haspel, eine Art Rolle, befestigt, an dem sich das Förderseil auf- und abwickeln ließ. Die Kraft zum Herablassen oder Heraufziehen des Förderwagens lieferte ein Dieselmotor. Größere Anlagen setzten Elektromotoren ein. Der Kompressor sorgte für die Druckluft zur Betätigung der Abbauhämmer.

Das Einfallen des tonnlägigen Schachtes war schräg in die Erde hinein und entsprach der Lagerung des Flözes. Die Kleinzechen erreichten immerhin Tiefen von 150 m. Im Bereich des Ruhr-Siedlungsverbandes haben die Kleinzechen 1949 insgesamt 380000 t und 1952 1,3 Mio. t Steinkohle gefördert. Die Qualität der Kohle konnte allerdings mit der aus den Tiefbauzechen nicht mithalten, weil sie zu viel Gestein enthielt. Immerhin haben die Kleinzechen mit zusammen 5700 Mann Belegschaft etwa 1 % der gesamten Kohleförderung erreicht und zum wirtschaftlichen Aufschwung beigetragen. Damals waren die Kohlen der Kleinzechen, selbst wenn diese viele Steine enthielten, von privaten Unternehmen so teuer erworben worden, dass bis zu 180 DM pro Tonne gezahlt wurden.

Ein großer Teil der Kleinzechen wurde auf Grund plötzlich eintretender Störungen im Gebirge und großen Wassereinbruchs sowie mangelnder Rentabilität stillgelegt. Von den 478 Kleinbetrieben im Ruhrgebiet im Jahre 1951 waren inzwischen 300 wieder verschwunden. 1955 bestanden in Querenburg noch 9 und in Bochum 39. Wie weit sich das Abkohlen nahe der Erdoberfläche noch auswirken wird, bleibt der Erfahrung einer späteren Zeit vorbehalten. So lagen 1955 im Busch unterhalb des Sportplatzes nördlich der Kakaowiese und südlich der Siedlung an der Lennershofstraße Bergemassen bzw. –halden und Gerümpel umher. Kleine Tagesbrüche waren in der näheren Umgebung der Kleinzechen eingezäunt. Leider waren auch einige Bäume umgestürzt, weil ihre Wurzeln keinen Halt mehr fanden (s. Bild Kleinzeche Blennethal). Am 21.Oktober 1954 fiel um 1.30 Uhr auf der Westerholtstraße am Eingang des Thönehofes (Buschmann, Elling) mit lautem Krach ein äußerst ungewöhnlich tiefer Bruch. Dieses geschah in dem Augenblick, als ein Lastzug mit Anhänger über diese Stelle fuhr. Der Anhänger saß mit den Achsen am Trichterrande fest, Angeblich sollten ältere Stollen den Bruch verursacht haben.

Die Bevölkerung von Querenburg hat diese Form des Bergbaus wenig geschätzt. Der Lkw-Verkehr auf den wenigen schmalen Verkehrsstraßen war eine Belastung. Die stillgelegten Kleinzechen hinterließen meist Gerümpel und verunstalteten die Landschaft. Oft fielen in der Umgebung der Kleinzechen kleinere Tagesbrüche, die gesichert werden mussten. Lästig war auch das Quietschen der Förderanlagen und das Rattern der Kompressoren von früh morgens bis spät abends. Die Betroffenen haben dem endgültigen Aus der Kleinzechen um 1958 keine Träne nachgeweint. Der Bergbau nahe der Erdoberfläche bildete nur eine kurze Episode.

Nachfolgend werden die Kleinzechen vorgestellt, die 1955 in Querenburg gefördert haben. Sie förderten nahezu alle nur Fettkohle.

 

 

Kohlenflözschichten-Graphik im Wittener und Bochumer Raum

 

 

 

 

 
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